
Bekanntlich gab es zwei an der Zahl. Die erste Stadtmauer (1171) wurde von Kaiser Friedrich I. initiiert. In vier Jahren, so verlangte Kaiser Barbarossa, sollte die Befestigung die Stadt umschließen. Aus zeitlicher und finanzieller Not entschied man sich für eine rund 2,5 Kilometer lange (kurze) Mauer. Ende des 13ten Jahrhunderts sah man sich bereits zur Errichtung einer zweiten Stadtmauer genötigt, da die erste Mauer die Stadtentwicklung stark einschränkte. Der zweite Mauerring hatte einen Umfang von zirka 5,3 Kilometer Länge.
Die mit dem Zusatz „Graben“ bezeichneten Straßen zeichnen heute in etwa den Verlauf der inneren Befestigung nach (Ausnahme Boxgraben). Der „Alleenring“ befindet sich in der Nähe der ursprünglichen äußeren Stadtmauer. Die innere Mauer wurde bereits im 17ten Jahrhundert stark vernachlässigt, da die Entwicklung der Waffentechnik enorm voranschritt und die Umwallung keinen ausreichenden Schutz mehr bot. Erste Mauerstücke wurden alsbald an Privatleute verkauft, die die Befestigungswerke in den Bau von Häusern einbezogen. Notdürftig unterhalten wurden später auch die Turm- und Tordächer des zweiten Befestigungsrings.
Tatsächlich nutzte man schon vor der Franzosenzeit (1794-1814) Grauwacke- und Blausteine der Stadtmauern zur Errichtung neuer Gebäude, z. B. Kirchen. In vielen Berichten ist zu lesen, dass die Stadtmauer und auch viele der Türme und Stadttore hauptsächlich von den französischen Besatzern niedergelegt wurden. Zwar ist richtig, dass z. B. die Abtragung des prächtigen Kölntors in die napoleonische Zeit fällt, jedoch hatte sich der Stadtrat bereits vor der französischen Besatzung für den Abriss der Befestigungsanlagen ausgesprochen. Auch wurde die Abtragung der verbliebenen Mauern, Türme sowie Torreste in der preußischen Zeit konsequent fortgesetzt. Napoleon hatte der Stadt Aachen zuvor das Eigentum der verbliebenen Mauern und Tore übertragen. Selbst das Marschiertor und auch das Ponttor waren zeitweise ernsthaft vom Abriss bedroht. Unter anderem ist es Stadtbaumeister Friedrich Josef Ark zu verdanken, dass das Marschiertor bis heute erhalten blieb (später darüber mehr).
Die Abrissarbeiten dauerten viele Jahre an, da sich die verwendeten Bauweisen und -materialien als äußerst widerstandsfähig erwiesen. Großer Anstrengungen bedurfte beispielsweise die Entfernung des Mauerrings zwischen Ponttor und Junkerstor (Vaalser Straße/Schanz) anlässlich der Errichtung der Eisenbahnlinie in den 30er Jahren des 19ten Jahrhunderts.
Die Entscheidung für die aufwendige Eisenbahn-Streckenführung (vgl. Viaduktbau im Südosten Aachens/Burtscheid) und für den „eisernen Gürtel“ um Aachen im Südwesten gibt heute Rätsel auf, zumal sich im Aachener Norden topografisch weitaus flacheres Gelände befindet, das für den Eisenbahnlinienbau erheblich einfacher zu erschließen gewesen wäre.
Foto: Jorg Mühlenberg